Liegen ist nicht schweben

 

 

Verzeih mir bitte, liebe Leserin,

dass ich dir den Unsinn einer Utopie zumute -

unlebbar, unerreichbar - das Schweben-Können.

Wir können als Menschen ja sitzen und liegen,

stehen und gehen, schwimmen und tauchen,

mit Hilfsmitteln auch fliegen.

Doch schweben können wir nicht.

(Es soll ja Ausnahmen gegeben haben:

Nach dem Neuen Testament ist Christus über das Wasser gewandelt.

Und viele Heilige, mehr als 200, sollen levitiert sein (oder sagt man levitiert haben),

darunter so bekannte wie Franz von Assisi und Katharina von Siena.

Doch wir normalen Menschen, wir können nicht schweben.)

 

Vielleicht gibt es ja ein Schweben im übertragenen Sinne.

Auch das für die meisten von uns nicht lebbar, eine Utopie?

 

 

Doch wie sagt schon Hermann Hesse:

Das Mögliche wird nur erreicht,

wenn das Unmögliche immer wieder versucht wird.

 

Könnte vielleicht auch eine solche Utopie die Richtschnur für ein nächstes Leben sein?

Könnte es ein Ziel sein, am Ende eines nächsten Lebens nicht wieder sagen zu müssen:

 

Ja, ich weiß viel -

nicht: alles, alles besser, besser als alle.

Meine Frau, die kann viel -

nicht alles, doch vieles viel besser als ich.

Sie macht viel,

macht vieles noch besser.

 

 

Liegen ist nicht schweben

 

Auch wenn ich keine Lust hab',

will ich mich nun erheben.

Der, der im Bette liegen bleibt

kann nicht auf Wolken schweben.

 

 

 

Ich leih' im Liegen mein Gewicht

nur an den Boden aus.

Doch ich verkauf' es nicht, ich komm

nicht aus der Schwere raus.

 

Es trägt mich zwar die Erde,

Doch bleib' ich an ihr kleben.

Ich werd' nicht schwerelos, nicht leicht.

Und Leicht-Sein brauch' ich ja zum Schweben.

 

.....

Doch um zu schweben,

muss ich ja von der Erde weg,

muss mich von ihr erheben.

 

 

 

Nun gut, ich habe nun verstanden:

Das Liegen ist kein Schweben.

Doch warum liegt mir dann so viel am Liegen?

Es muss dafür ja Gründe geben.

 

 

 

Ist es: Wer liegt, der kann nicht fallen.

Wer liegt, kann keine Fehler machen.

Wer steht und geht, der hat ja oft

schnell nicht mehr viel zu lachen.

 

Vielleicht gibt mir das Liegen zwar

nicht Leichtigkeit, doch Frieden.

Solang ich liege, hab' ich ja

leidvollen Kampf vermieden.

 

 

Doch schweben ist nicht liegen.

(Es schwebt mir vor den Augen:)

Es schwebt nur der, der durch geschickte Üben

erreicht, mit Leichtigkeit zu siegen.

 

Drum will ich nun zum Kampfe mich erheben.

Davon ermüdet kann ich ja zurück zum Glück im Frieden.

Zu stehen und zu gehen ist nun mal das Leben.

Ich will nun lernen, auch im Geh'n zu schweben.

 

 

 

 

Ist schweben etwa weiterliegen

auch noch im Stehen und im Gehen,

es einfach Leichtigkeit im Handeln?

Das würd' ich gern verstehen.

 

Wär schweben Leichtigkeit im Tun,

müsst' ich mich dabei regen,

könnt' nicht auf einer Liege ruh'n,

müsst mich dabei bewegen.

 

Drum bleib' ich nun nicht länger liegen.

Ich stehe auf zu Kämpfen und zu Kriegen.

der schwebt, der durch geschickte Üben

erreicht, mit Leichtigkeit zu siegen.

 

 

 

Yoga karmasu koshala.

Yoga is skill in action.

Eins-Sein ist Geschicklichkeit im Handeln.

(Bhagavad-Gita ...)

Publiziert am: Freitag, 12. April 2024 (18 mal gelesen)
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