Denken und Gedanken haben

 

 

Denken, um etwas zu haben, was man später noch weiß

Denken, um jetzt schon zu wissen, was man später tun kann

Denken, um jetzt schon zu wissen, wie etwas später sein wird

Denken, um etwas zu haben, was man später sagen kann

Denken, um jetzt zu denken

 

 

 

Den Gedanken haben, der sich selbst in mir denkt,

um geschehen zu lassen, was sich jetzt in mir denkt;

den Gedanken haben, der sich selbst in mir denkt,

um auch gehen zu lassen, was sich jetzt in mir denkt

 

 

 

 

 

Kommentar:

Wenn du Gedanken hattest,

dann denke nicht, gedacht zu haben!

Denn Sich-Denken von Gedanken

sind Gedanken ohne Denken.

 

Das Gedicht spricht von Denken und Gedanken-Haben. Das ist nicht dasselbe. Du denkst, lieber Leser, wenn du eine Reihe von Zahlen addierst, die untereinander auf einem Blatt Papier stehen. Dieses Rechnen kommt ohne deine Initiative nicht zustande. Es passiert nicht, wenn du es nicht willst. Es passiert nicht, wenn du es nicht tust. Du erschaffst wirklich dieses Denken aus dem Nichts. Dieses Denken ist eine Tätigkeit deines gegenwärtigen Geistes, eine Form deiner Geistes-Gegenwart.

Du denkst nicht, sondern du hast einen Gedanken, wenn dir plötzlich einfällt, dass du dich gestern über eine Bemerkung von Tante Frida geärgert hast oder dass du morgen unbedingt den Brief an das Finanzamt in den Briefkasten werfen musst. Diese Gedanken brauchen dich nicht, um in deinem Geist, deinem Bewusstsein zu erscheinen - außer natürlich, dass dein Bewusstsein da ist, dass du wach bist und nicht gerade schläfst. Wenn du wach bist, tauchen sie ohne deine aktive Beteiligung in deinem Bewusstsein auf, wie Gegenstände, die in einem Spiegel sichtbar werden, ohne dass der Spiegel darauf einen Einfluss hat. Manchmal tauchen sie sogar gegen deinen Willen auf und bleiben gegen deinen Willen da, denken sich von selbst weiter, so dass du sie nicht mehr abschließen kannst. Diese Gedanken sind nicht Schöpfungen deines gegenwärtigen Geistes, sondern Wahrnehmungen, die schon da sind, wenn du sie bemerkst. Es sind Ereignisse in deiner Innenwelt, die du nicht erschaffst, sondern wahrnimmst, so wie du äußere Ereignisse wahrnimmst, die du nicht erschaffst. Wenn du in die Außenwelt schaust, siehst du da vielleicht einen Baum. Der ist schon da, wenn du ihn siehst. Du pflanzt ihn ja nicht in dem Augenblick, in dem du ihn siehst, da hin. Wenn du in deine Innenwelt schaust, dann ist auch der Gedanke schon da. Auch den erschaffst du nicht in dem Moment, in dem du ihn bemerkst.

Denken, um jetzt zu denken, und einen Gedanken haben, um jetzt diesen Gedanken zu haben, sind deshalb nicht dasselbe:

Du kannst dein Denken nicht kommen und gehen lassen. Ohne dich kommt nichts, ohne dich geht nichts. Du selbst kommst und gehst - wenn du es willst.

Aber du kannst Gedanken, die auch ohne dich kommen, in dir geschehen lassen und wieder gehen lassen.


Vertiefendes

 

Publiziert am: Dienstag, 09. Februar 2016 (1080 mal gelesen)
Copyright © by Rudolfo Kithera

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