Hartmuts Bücherschrank



„Klar, als einer seiner „Fans“ wollen Sie natürlich wissen, was er denn alles gesammelt hat. Vieles davon ist ja schließlich auch in seine Texte eingeflossen.

Hartmut freute sich darüber – und als Ego war er leider auch stolz darauf – wie vielfältig seine Sammlung war, dass es fast alle wichtigen spirituellen Traditionen umfasste.

Um Sie nicht zu langweilen, stelle ich Ihnen nur kurz die wichtigsten Werke vor. Wenn Sie sich noch gründlicher dafür interessieren, stöbern Sie doch später ruhig in den Bücherregalen. Die Bücher stehen ja alle noch da. Ich hab’  nach seinem Tod alles so gelassen, wie es war. Ich selbst brauch die Bücher nicht. Ich kann mit den Evangelisten, mit Rumi, Shankara und Maimonides reden, auf dem Stand, auf dem sie heute sind – auch sie haben ja mit der Zeit dazugelernt. Ich muss nicht lesen, was sie damals geschrieben haben. Einige haben mir schon gesagt, dass sie das heute gar nicht mehr oder jedenfalls anders schreiben würden. Wenn ich sie ab und zu anspreche, dann nicht, um sie etwas zu fragen. Ich bin ja selbst ein Ich-Bin, genauso wie sie. Alle Ich-Bins kennen sich, wissen, dass es die anderen gibt, stehen in Verbindung miteinander und können Kontakt miteinander aufnehmen. Und das große Ich-Bin, der Christus, der Logos, das WORT, ist gewissermaßen alle Ich-Bins gemeinsam, kennt alle Ich-Bins gleichzeitig, ist gewissermaßen das Gespräch zwischen allen Ich-Bins. Alle Ich-Bins leben in demselben Licht, sehen deshalb dieselbe Wirklichkeit, so, wie Sie und ich jetzt durch dieses Fenster denselben Baum sehen. Aber jeder von uns sieht den Baum von einem etwas anderen Standpunkt aus, und so sehen auch unterschiedliche Ich-Bins die Wirklichkeit unter einem etwas anderen Aspekt. Deshalb ist es für mich manchmal ganz unterhaltsam, mich mit den großen Ich-Bins der Vergangenheit zu unterhalten. Ich höre dann von ihnen, wie der Baum auf der anderen Seite, von der anderen Seite aussieht.

         Es gibt auch noch einen anderen Grund, warum es manchmal für mich ganz interessant ist, mich mit den anderen Ich-Bins zu treffen und etwas zu plaudern. Die Wahrheit ist letztlich mit Worten nicht zu erfassen, sondern Worte stellen immer nur eine Annäherung an die Wahrheit von einer Seite dar, sind einseitig. Deshalb haben verschiedene Ich-Bins die eine Wahrheit oft mit unterschiedlichen Worten ausgedrückt oder versucht, sie mit Worten auszudrücken. Das ist dann so, als würden Sie und ich jeder ein Gedicht über diesen Baum da draußen schreiben, und Ihr Gedicht ist vielleicht ja genauso schön oder sogar noch schöner als meins.

         Nun, das ist natürlich meine Beziehung zu den großen Geistern, nicht Hartmuts.
(Sie sehen vielleicht jetzt, dass es sich für Hartmut gelohnt hat, sich in mich zu opfern. Er hat jetzt als ich ganz andere Möglichkeiten als die, die er als Hartmut hätte.)"


"Ach, entschuldigen Sie, ich wollte Ihnen ja einen Überblick darüber geben, was er denn alles an spirituellen Schriften gesammelt hat. Ich beschränke mich einfach mal auf die "Klassiker": Sie finden in seinem Bücherregal verschiedene christliche Bibelausgaben, Meister Eckhard und Theresa von Avila neben Martin Bubers Übersetzung der hebräischen Bibel, Geschichten aus dem Talmud und dem "Führer der Unschlüssigen", dem Hauptwerk des Rabbi Maimonides. Und natürlich auch einen Koran und Rumis Matnawi, das wichtigste Werk des Sufismus (und das drittwichtigste des Islam überhaupt).

Was die östliche Spiritualität betrifft, erstreckte sich seine Bibliothek von mehreren Ausgaben der Bhagavadgita, diesem großartigen Lehrgedicht, den Lehrreden Buddhas, dem Diamant-Sutra, Nagarjunas "Versen aus der Mitte" und zenbuddhistischen Koan-Sammlungen bis zum I Ging und Laotses Tao Te King.

Gut, ich will Sie nicht mit zu viel Details überfordern. Wie gesagt, schauen Sie sich am besten selbst um!"





Hartmuts Sprüchebüchlein


,,Ach, Sie haben mit sicherer Hand sofort nach Hartmuts „Spruch-Büchlein“ gegriffen, nach der zweiten, überarbeiteten Fassung.

Er hat irgendwann als Student angefangen, Sprüche, die ihm gut gefielen und die er für bedeutungsvoll hielt, in ein Poesiealbum zu schreiben. Und diese Gewohnheit hat er bis vor einigen Jahren beibehalten, über einen Zeitraum von fast 40 Jahren. Diese Sprüche hat er irgendwann dann nach Themen geordnet.

Da, wo Sie gerade lesen, stehen die vielen Paradoxien, die er gesammelt hat. Hartmut hatte ja eine Vorliebe für Paradoxes.

 

Etwas weiter finden Sie Sprüche, deren gemeinsamer Nenner Positivität ist,  mit der knappen Überschrift „Ja“."

 

 

,,Sie würden lieber einen Blick in die ursprüngliche Fassung werfen, damit Sie sich ein Bild davon machen können, wie sich denn Hartmuts Sichtweisen im Laufe mehrerer Jahrzehnte entwickelt haben.

Gut. Das  Original gibt es auch noch. Hier ist es.

 

 

Sie sehen sofort, schon am Anfang: Hartmuts Lieblingsautor in seinen Studentenjahren war – wie bei vielen anderen auch zu der Zeit – Hermann Hesse.

In dieser frühen Zeit gibt es auch viele Zitate von Friedrich Nietzsche.

Und einige von Novalis.

 

Die Stellen aus Werken von Hesse - vor allem aus seinem Entwicklungsroman "Demian"  -  und von Nietzsche, machen deutlich, dass Hartmut sich in dieser Zeit am Ideal des "Über-Menschen" orientierte, einer kühnen Selbst-Verwirklichung frei von allen äußeren und inneren Zwängen.


 

Wichtig war für ihn damals auch Martin Buber. Der Eintrag, den Sie gerade lesen, ist eine Auswahl von Kernsätzen, die Hartmut aus „Ich und Du“ zusammengestellt hat.
 

Ohne den Einfluß Bubers hätte er viele seiner Texte nicht so dialogisch gestaltet

( und würde auch, lieber Leser, jetzt nicht ich zu dir und das Ich-Bin zu dem Besucher sprechen).

 

 

 

Am stärksten und am nachhaltigsten beeinflusst hat ihn eindeutig die Bhagavad-Gita. Sie fanden ja schon soeben, bei den Paradoxien und den "Positivitätssprüchen", einige Verse aus ihr. Sie war schon in der Zeit, in der er Lehrer für Transzendentale Meditation war, einer seiner "Favoriten" und ist es bis heute geblieben."


Etwas später, in seiner "anthroposophischen Phase", während der Ausbildung zum Waldorflehrer, häufen sich - natürlich neben Zitaten von Rudolf Steiner - Verse von Christian Morgenstern und Manfred Kyber.


 

 


 

,,Sie wundern sich darüber, wie wenig sich Hartmuts Denken in den ganzen Jahren verändert hat?

Ja, schon sehr früh tauchen Ideen auf, die er dann später in seinen eigenen Texten verarbeitet hat.


Aber vielleicht sollte ich Sie einfach mal ungestört alleine lesen lassen, einfach in chronologischer Reihenfolge. Bei den Sprüchen aus späterer Zeit gibt es auch gar keinen Schwerpunkt bei bestimmten Autoren mehr, auf den ich Sie hinweisen könnte. Sie sind insgesamt vielfältiger."  

 

 

 

 

 

Publiziert am: Mittwoch, 03. Februar 2016 (1343 mal gelesen)
Copyright © by Rudolfo Kithera

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